Routiniert und kompetent
stellte der BVMW-Landesbe-
auftragte Dr. Ulrich Köppen
die Fragen an die ehema-
ligen Keeper. Und auch Gä-
ste kamen zu Wort. Hier ein
paar Ausschnitte aus dem
Talkgeschehen und die Ant-
worten in Kurzform.
Welches war Ihre
schwerste Niederlage?
Timo Hildebrand: Bei mir
war es kein Spiel, sondern
die Nichtnominierung zur
EM 2008, die aus heiterem
Himmel kam. Das hat mich
runtergezogen und ich mus-
ste mich mental selbst wie-
der aufbauen – schließlich ist
ein Torhüter Einzelkämpfer.
Wichtig ist, dass man auch
nach eigenen Fehlern immer
wieder aufgestellt wird.
Wie geht ein Torhüter
generell mit Nieder-
lagen um, an denen er
sogar Schuld trägt?
Helmut Roleder: Es ist bru-
tal, wenn man vor 70.000
Zuschauern ein Tor verschul-
det und am nächsten Tag in
den Zeitungen die negativen
Schlagzeilen bekommt. Aber
seit den ersten Spielen in der
Jugend musst du lernen, Kri-
tik wegzustecken und die ei-
genen Fehler regelrecht zu
vergessen, damit der Körper
wieder funktioniert.
Kommerz kontra Fußballbegeisterung?
Welche Wirkung kann
der Spielführer auf dem
Platz erzielen?
Beide Torhüter waren stell-
vertretende Spielführer: Auf
dem Platz kann lediglich Mo-
tivation und Führung ausge-
strahlt werden. Taktische Än-
derungen sind nicht Sache
des Kapitäns. Wichtig ist die
Persönlichkeit auch außer-
halb des Platzes – und ein
gut funktionierender Mann-
schaftsrat.
Im Fußball sind Unsum-
men im Spiel. Macht
das diesen Volkssport
kaputt?
HR: Nein. Zum Glück lassen
sich echte Fans nicht durch
die Kommerzialisierung abhal-
ten. Die Zuschauer- und Mit-
gliederzahlen, beispielsweise
beim VfB Stuttgart, beweisen
das. Und in Italien stürzen sich
die Fans auf Ronaldo-Trikots.
Leider muss Sport generell da-
mit leben, dass Verbände und
Agenturen, aber auch Spieler-
vermittler die finanziellen As-
pekte in den Mittelpunkt stel-
len. Im Tennis wurde die Tradi-
tion des Davis Cups dem Geld
geopfert, der Präsident der spa-
nischen Fußball-Liga will ein
Spiel während der Saison in
den USA austragen lassen und
kürzlich fanden die Europamei-
sterschaften mehrerer Sportar-
ten zusammengefasst statt.
Sollte ein Vereinspräsi-
dent Unternehmer sein
oder Fußballfachmann?
Timo Hildebrand: Die Mi-
schung macht’s. Erfolgreicher
Unternehmer mit einer Porti-
on Fußballsachverstand. Wolf-
gang Dietrich ist eine tolle Per-
sönlichkeit und sehr sympa-
thisch. Mit ihm und durch ihn ist
der VfB auf dem richtigen Weg.
Die Frage eines britischen Be-
suchers nach dem Unterschied
zwischen Premier League und
Bundesliga beantwortete Ti-
mo Hildebrand in englischer
Sprache, indem er in der
Finanzkraft dieser Eliteliga
den größten Vorteil sah. „Des-
halb gehen die besten Spieler
auf die Insel und sorgen für
höchste Spielqualität.“
Oliver Lozano (auf unserem
Foto ganz links), der mit sei-
ner Firma „el Pistolero“ Wer-
befilme produziert, stellte die
provokant formulierte Frage,
ob Deutschland so gute Tor-
hüter hat, weil Deutsche ger-
ne auf sich schießen lassen.
Gemeint war natürlich die Ur-
sache für die traditionell hohe
Qualität der deutschen Kee-
per. Helmut Roleder sieht
die Ursache vor allem in der
Charakterstärke: „Denn Tor-
hüter sind eine ganz beson-
dere Spezies. Wie sagte einst
mein Mitspieler, VfB-Spielma-
cher Buffy Ettmayer? Torhüter
müssen bekloppt sein. Die ge-
hen mit dem Kopf dorthin, wo
wir schon mit dem Fuß sind.“
Dass das geistige Niveau da-
runter nicht leiden muss, be-
wiesen Hildebrand und Role-
der an diesem Abend auf
dem
Partyfloß.